Rückwirkend krankschreiben: Ist das möglich? Wie lange?
Ein Krankheitsfall ist für Arbeitnehmer nicht nur mit gesundheitlichen Problemen verbunden, sondern bedeutet auch ein gewisses Maß an Stress. Um die Erkrankung zu Hause auskurieren zu können, müssen Sie nämlich eine Krankschreibung von einem Arzt vorweisen. Viele Patienten denken, dass die Krankschreibung immer nur ab dem Tag gilt, an dem sie tatsächlich beim Arzt waren. Aber ist es auch möglich, sich rückwirkend krankschreiben zu lassen? Wir klären Sie auf, was möglich ist und was nicht funktioniert.
Pflicht zur Krankschreibung
Wenn Sie sich nicht in der Lage fühlen, aufgrund einer Erkrankung zur Arbeit zu gehen, dürfen Sie nicht einfach zu Hause bleiben und sich auskurieren. Es besteht die Verpflichtung, direkt eine Krankmeldung bei Ihrem Chef zu machen, wenn Sie sich nicht gesund fühlen. Mit dieser kurzen, formlosen Meldung geben Sie an, dass Sie krank sind und erst einmal ein bis drei Tage nicht zur Arbeit kommen werden.
Allerdings liegt es im Ermessen des Chefs, ob die Krankmeldung überhaupt angenommen wird. Je nachdem, wie es im Arbeitsvertrag geregelt ist, kann ein Chef auch direkt eine Krankschreibung von einem Arzt verlangen, selbst wenn Sie als Arbeitnehmer sich nicht gesund genug fühlen, um zur Arztpraxis zu fahren. Spätestens ab dem vierten Fehltag in Folge ist eine Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt zwingend erforderlich, das sind die Richtlinien aus §5 des Entgeltfortzahlungsgesetzes.
Ab wann gilt die Krankschreibung?
Im Normalfall beginnt eine Krankschreibung an dem gleichen Tag, an dem Sie Ihren Arzt aufgesucht und die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt bekommen haben. Für einen Großteil der Patienten reicht diese Ausschreibung, um die Abwesenheit von der Arbeit über mehrere Tage zu dokumentieren. Es gibt aber auch Beispiele, in denen Sie vielleicht nicht direkt zum Arzt gehen konnte. Folgende Situationen sind vorstellbar:
- Ihre Krankheit war so schlimm, dass sie nicht direkt in die Praxis zu einem Arztbesuch fahren konnten.
- Sie sind am Wochenende krank geworden und die Arztpraxis war geschlossen
Strikte Vorgaben für rückwirkende Krankschreibung
Theoretisch klingt eine rückwirkende Krankschreibung wie ein Freifahrtschein, um etwas länger zu Hause zu bleiben und sich auszukurieren, bevor man zum Arzt geht. Tatsächlich haben die Ärzte aber einen sehr eingeschränkten Handlungsspielraum. Sie dürfen die Krankschreibung maximal drei Tage zurückdatieren. Außerdem müssen die Ärzte ihre Patienten nicht rückwirkend krankschreiben. Nur, wenn Sie wirklich gute Gründe dafür nennen können, warum Sie nicht direkt zur Arztpraxis gegangen sind, kann ein Arzt die Rückdatierung für die Arbeitsunfähigkeit in Betracht ziehen. Er sollte dafür aber auch wirklich überzeugt sein, dass der Krankheitsfall bereits früher eingetreten ist.
Wann müssen Arbeitgeber und die Krankenkasse die Krankschreibung bekommen?
Der Arbeitgeber muss im Falle einer Krankschreibung direkt informiert werden, weil er wissen muss, wie lange der Arbeitnehmer vom Arzt krankgeschrieben wurde. Es besteht aber keine Pflicht für Sie als Arbeitnehmer, die Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit vom Arzt in die Firma zu bringen.
Seit dem 1. März 2023 gilt die sogenannte elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Während die Patienten früher ihre Krankschreibung vom Arzt in dreifacher Ausführung bekamen und sich selbst darum kümmern mussten, dem Arbeitgeber das Attest zukommen zu lassen, liegt es jetzt in der Verantwortung der Arbeitgeber, sich die digitale Krankschreibung von der Krankenkasse zu holen, an die eine elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung automatisch geschickt wird. Die Arbeitnehmer bekommen vom Arzt lediglich noch eine Krankschreibung in Papierform für die eigenen Unterlagen.
Was passiert ohne eine rückwirkende Krankschreibung?
Der Arzt muss einen Arbeitnehmer nicht rückwirkend krankschreiben, wenn er Zweifel daran hat, dass ein Patient tatsächlich zu einem früheren Zeitpunkt bereits erkrankt war. Für Sie kann das problematisch sein, weil Sie keinen Anspruch haben, dass ein Attest mit einem früheren Anfangsdatum ausgestellt wird. Es bedeutet für Sie dann, dass Sie bis zu drei Tage an Ihrem Arbeitsplatz hätten sein müssen und faktisch unerlaubt fehlten. Entsprechend werden Sie für die Fehltage auch keine Vergütung erhalten. Sollte es zu einem wiederholten Fehlen ohne ein Attest vom Arzt kommen, kann der Arbeitgeber eine Abmahnung aussprechen und sogar die Kündigung in extremen Fällen ausstellen.
Folgebescheinigung
Sollten Sie sich auch am Ende der rückwirkenden Krankschreibung noch nicht gesund fühlen, haben Sie immer die Option, sich eine Folgebescheinigung der Arbeitsunfähigkeit vom Arzt ausstellen zu lassen. Es gelten die gleichen Voraussetzungen wie bei einer normalen Krankschreibung. Auch die Folgebescheinigung darf der Arzt bis zu drei Tage rückwirkend ausstellen.
Fazit
Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss nicht zwangsläufig am selben Tag ausgestellt werden, an dem Sie als Arbeitnehmer beim Arzt waren. In Einzelfällen kann ein Arzt Sie auch rückwirkend krankschreiben. Die Entscheidung ist aber daran gebunden, ob der Arzt dafür berechtigte Gründe bei Ihnen sieht oder nicht. Sie sollten die Möglichkeit der Rückdatierung aber nicht einplanen und einfach der Arbeit fernbleiben. Es droht neben einem Vergütungsausfall für die fehlenden Tage auch eine Abmahnung des Chefs, falls der Arzt Sie nicht rückwirkend krankschreiben möchte.
Wir empfehlen Ihnen, bei einer Krankheit zeitnah zum Arzt zu gehen und auf jeden Fall beim Arbeitgeber Bescheid zu sagen, um keinerlei arbeitsrechtliche Probleme zu bekommen. Sollten Sie sich zu krank fühlen, um direkt zum Arzt zu gehen, ist es sinnvoll, bei der Praxis kurz anzurufen und mit dem Arzt Ihre Optionen abzusprechen. Auf diese Weise erhöhen Sie auch die Chance, dass der Arzt Sie rückwirkend krankschreiben könnte.